Logo | Es ist noch nicht lange her, da konnte aus guten Gründen vermutet werden, dass die Erinnerung an den Holocaust eher zu- als abnehme. Diese Zeit scheint inzwischen vorbei zu sein. Dafür spricht nicht nur die deutliche Verbreiterung des rechten Randes, sondern auch die Leichtigkeit, mit der mindestens ein Teil der politischen Linken inzwischen von der Vorstellung der Präzedenzlosigkeit des Holocaust abrückt. Fast scheint es so, als würden die größten Herausforderungen für die Erinnerung an die Vernichtung der europäischen Juden in Zukunft eher von links als von rechts kommen. Denn während die rechtskonservativen Versuche, den Holocaust zu relativieren, völlig zu Recht für große Empörung sorgen, sind die linken Anwürfe oft akzeptierter Bestandteil der Debattenkultur.
Das gilt insbesondere, wenn sie, wie im Kontext der Mbembe-Debatte oder der Black-Lives-Matter-Proteste, im Namen des Postkolonialismus und eines zur Ideologie erstarrten Antirassismus formuliert werden. Im Rahmen der Veranstaltung soll dieser Entwicklung nachgegangen werden. Jan Gerber wird über die Hintergründe, Ursachen und Dynamiken der postkolonialen Auseinandersetzung mit dem Holocaust sprechen; Randi Becker wird besonderes Augenmerk auf den Antisemitismus Achille Mbembes, eines der bekanntesten postkolonialen Philosophen, legen.
PD Dr. Jan Gerber ist Historiker und forscht am Simon Dubnow-Institut in Leipzig.
Randi Becker ist in der politischen Bildung tätig und Doktorandin der Soziologie an der Uni Passau.